19. Ferbuar 2023
Die Achterbahn der Gefühle
Wochenendgedanken.
Gestern, nach dem Planetariumsbesuch, musste ich – aus Macht der Gewohnheit – über ein paar spannende Dinge nachdenken.
Am Ende der etwa 50-minütigen Show gab es eine kleine Animation einer Achterbahnfahrt, die auf die große Kuppel projiziert wurde. „Okay, ob DAS das Sterne-Schauen toppen kann?“ kam mir gleich der Gedanke. Und dann, ob ich mich wirklich an eine richtige Achterbahnfahrt dadurch erinnert fühlen würde?
Ich war verblüfft, erstaunt und überrascht, wozu unser Gehirn und unser Körper allgemein im Stande sind – zum x-ten mal. Es ging im Film hoch und runter, zur Seite und über Kopf. Der Wagen blieb stehen und gleichzeitig auch mein Herz… Für einen kurzen Augenblick. Ich hatte das Gefühl, dort mitzufahren und jede Kurve „mitzunehmen“… Ok, vielleicht nicht so intensiv, wie es sonst auf der Achterbahn der Fall gewesen wäre. Und dennoch, es war absolut real – und das nicht nur für mich. Der ganze Saal war verblüfft, die Kinder freuten sich – „noch mal, noch mal!“ Auch Jasmine wollte die wilde Fahrt unbedingt sofort wiederholen…
Doch wenn es möglich ist, unser Gehirn so einfach „auszutricksen“, dass unser Körper uns die Signale gibt mit einer enormen Geschwindigkeit aus 30 Metern Höhe hinunter zu rasen, während wir in einem Stuhl sitzend auf eine Leinwand starren, was täuschen wir uns sonst noch so alles vor?
Welches der erlebten Gefühle ist durch eine real existierende Wirklichkeit erzeugt worden und welches erzeugen und bestärken wir selbst, ohne, dass es hierfür einen real existierenden Grund gäbe?
Nehmen wir zum Beispiel eine Situation, in welcher wir uns gekränkt und gedemütigt gefühlt hatten: Gab es wirklich einen triftigen Grund für eine derart starke emotionale Reaktion oder sind es unsere eigenen tief verwurzelten Glaubenssätze über uns selbst – der immer und immer wieder ablaufende innere Film – die eine solche Reaktion hervorriefen?
Ich kann mich noch gut an eine solche Situation vor ungefähr 9 Jahren erinnern, bei welcher ein guter Bekannter zu mir gemeint hatte – „Du bist ja auch nicht ganz dumm.“ Ein kleiner Witz, welcher mich damals extrem gekränkt hatte. Warum? Weil ich damals zwar nicht das Gefühl hatte, ganz dumm zu sein, wusste ich aber aufgrund meiner Kindheitsgeschichte um meinen eigenen inneren Wert nicht und auch nicht darum, dass das, was ich weiß eben genug ist. Und das, was ich nicht weiß, eben okay ist. Ich dachte, ich müsse es ständig beweisen, dass ich nicht dumm bin, um angenommen und geliebt zu werden. Letztendlich liebte ich mich eben selbst nicht. Noch nicht. Heute ist dieser Film vorbei und ein solcher Witz, eine ähnliche Anmerkung oder ein Spaß darüber, was ich nicht kann (was ich wirklich nicht kann), würde mich niemals mehr auf diese Art und Weise kränken. Ende der schlechten Geschichte!
Und was ist mit der Angst? Ist unsere Angst immer berechtigt? Ist unsere Angst immer real? Das, was früher für uns ein guter Begleiter im Urwald war, um einem wilden Tier rechtzeitig und schnell zu entkommen, hat inzwischen überdimensionale und surreale Ausmaße angenommen. Es gibt die Angst vor Spinnen, es gibt die Angst vor Fahrstühlen, die Angst, abends alleine rauszugehen, die Angst anzuecken, es gibt die Angst vor Viren und Bakterien, es gibt die Angst vor Kriegen und auch vor dem Klimawandel. Es gibt die Angst das eigene Kind durch zu viel Liebe zu verwöhnen, es gibt die Angst es falsch zu erziehen, es gibt die Angst zu scheitern, bevor man angefangen hat, es gibt die Angst zu sterben… Letztendlich ist das Übermaß an Angst für mich die Angst zu leben. Ja, die Lebensangst.
Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden. Die Ängste kommen nicht von ungefähr. Vieles hat mit unserer eigenen Vergangenheit zu tun – mit unserer Kindheit, mit unserer Geschichte. Jeder, der eine Angst empfindet – mich eingeschlossen – hat einen triftigen Grund und somit das absolute Recht dazu. Doch das ist nicht das, worauf ich hinaus möchte.
Ich möchte aufzeigen, dass viele unserer Ängste nicht immer durch die real existierende Wirklichkeit begründbar sind. Statistisch nicht. Empirisch nicht. Sie sind in uns. Es hat mit uns zu tun – mit unserer eigenen Interpretation der Ereignisse. Wir haben die Wahl uns ohnmächtig zu fühlen, wenn wir die Nachrichten einschalten oder wenn jemand (und sei es unser eigenes Gehirn) die neuen Horrorszenarien an die Wand projiziert, oder uns unseren Ängsten zu stellen. Und sie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen – uns selbst zu liebe. Um endlich wieder angstfreier – freier – leben zu können.
Doch was ist mit all den anderen Gefühlen, könntest Du mich fragen – was ist zum Beispiel mit der Liebe? Ist diese auch nicht so real, wie unser Kopf es uns vormacht?
Für mich gibt es da einen ganz klaren Weg, den Wahrheitsgehalt eines Gefühls auf seinen „Wert“ zu „überprüfen“. Die „heilige Dreifaltigkeit“ aus „Spüre hinein und nehme wahr – nehme Abstand und überprüfe – fühle“ sozusagen. Das, was am Ende übrig bleibt, ist für mich die Wahrheit. Meine Wahrheit eben. Das, was sich für mich stimmig anfühlt.
So ist es bei mir mit allen wahren Gefühlen, die da sind – von Angst bis zur Freude, von Glück bis zur Geborgenheit, von Traurigkeit bis zur Liebe. All das, was danach übrig bleibt, wenn ich mein eigenes Kopfkino ausgeschaltet habe, all das gehört zu mir.
Manche nennen es „Bewusst Sein“. Ich brauche keinen Namen dafür. Es ist schlichtweg das Prinzip, nach welchem mein Leben inzwischen funktioniert. Nach welchem mein Leben schön einfach und einfach schön sein kann. Endlich!